Mamasein in Schweden

Mamasein in Schweden

Heute erzählt uns in meiner Interviewreihe die liebe Imke aus der Blumenkinderwerkstatt, wie es ist, eine Mama in Schweden zu sein. Wir haben uns vor Kurzem in einem Lübecker Cafè getroffen, als sie mit ihrem Mann Urlaub in Deutschland gemacht hat. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern seit 2002 in Schweden. 


1) Wie bereiten sich denn die Mütter in Schweden auf die Geburt des Kindes vor? Gibt es Kurse, Hebammen, regelmäßige Frauenarztkontrollen?


Ich selbst habe meine drei Kinder in Deutschland geboren und bin darüber sehr froh. Denn die Schwangerschaftsvorsorge und auch die Betreuung nach der Geburt sehen bei uns in Schweden ganz anders aus, als in Deutschland. 

Regelmäßige gynäkologische Untersuchungen gibt es hier nicht und die Betreuung übernimmt hauptsächlich eine Hebamme, die in Schweden Barnmorska heißt. Barn ist das Kind und Morska eine Form von Mutter. Sie wird einem zugeteilt und man kann sie nicht frei aussuchen. Bei der Barnmorska bekommt man erst ab der 12. Woche überhaupt einen Termin. Dann gibt es ein Erstgespräch in dem die Mutter über mögliche Risiken aufgeklärt und das Gewicht kontrolliert wird, aber einen Mutterpass gibt es leider nicht. Man muss sich selbst alles aufschreiben. 

Zwischen der 17. bis 20. Schwangerschaftswoche bekommt man den ersten Ultraschall und wenn es hierbei Auffälligkeiten gibt, wird ein Gynäkologe hinzugenommen. Ansonsten aber nicht. Alle weiteren Ultraschalluntersuchungen muss die Schwangere auch selbst zahlen. 

Es gibt keine Pränatalen Untersuchungen, keine NT Messung, bei dem Geschlecht lässt man sich überraschen und den Namen suchen die Schweden erst recht spät für ihre Kinder aus. Einen Arzt lernt die Schwangere manchmal erst in der Klinik am Tag der Entbindung kennen, aber nur wenn es Komplikationen gibt. Ansonsten übernimmt die Geburt auch die Hebamme. 

Eine Schwangere hat auch keinen Mutterschutz und arbeitet bis zum Tag ihrer Entbindung. Viele Frauen lassen sich vorher aber krankschreiben, wenn ihr Beruf körperlich anstrengend ist. 

Quelle: Imke privat

2) Wo findet die Geburt statt und sind die Väter der Kinder oder andere Verwandte dabei?


Eigentlich findet sie in Krankenhäusern statt, aber es kommt auch immer mal wieder vor, das Schwangere sich gleich für eine Geburt zu Hause entscheiden oder das Baby ungewollt zu Hause oder unterwegs im Auto geboren wird. Denn wenn die Wehen einsetzen, ruft man in einer Zentrale an und wird an ein Krankenhaus verwiesen. Man kennt weder das Personal, noch die Krankenhäuser von innen. Bekommt man keinen Platz, weil gerade alle Kreißsäle belegt sind, muss man auf ein weiter entferntes Krankenhaus ausweichen oder warten. 

Die Krankenhäuser sind leider heillos überfüllt und es gibt zu wenig Personal. Gerade gestern habe ich eine Frau getroffen, der dies passiert ist. Der Zeitpunkt ist schlecht, nimm mal eine Alvedon (ein Schmerzmittel in Schweden, das für alles mögliche genommen wird) und komm morgen wieder. Das Kind wurde dann auf dem Sofa geboren.  

Die Elternzeit in Schweden ist jedoch Familienfreundlicher, denn die Regierung ermöglicht beiden Elternteilen zusammen 16 Monate bezahlte Zeit mit ihrem Kind. Hierbei wird 80 Prozent des Gehaltes gezahlt und auch der Vater ist verpflichtet, mindestens ein paar Monate zu nehmen. 

Quelle: Imke privat

3) Gehen die Kinder in den Kindergarten?


Ja, hier gehen die Kinder oft sehr früh nach der Geburt in den Kindergarten. Normalerweise sind sie 1 Jahr alt, man hat das Anrecht auf 15 Stunden in der Woche also 3 Stunden am Tag. Ab einem Alter von drei Jahren sind es dann 525 Stunden pro Jahr.

Man hat allerdings nur Anspruch auf Kinderbetreuung während der Arbeits- oder Studienzeit. Der Kindergarten heißt hier Vorschule.

In meiner Stadt, einer Kreishautstadt mit ca.3500 Einwohnern gibt es drei Kindergärten.

Quelle: Imke privat

4) Und wann beginnt die Schule?


In dem Jahr in dem man 6 Jahre alt wird kommt man hier zur Schule, die in der Woche 34 beginnt und im darauffolgenden Jahr in Woche 24 endet. Die im Januar geborenen Kinder sind dann schon recht reif, wohingegen die im Dezember geborenen ja fast ein ganzes Jahr jünger sind.

Quelle: Imke privat

5) In Deutschland liegt die Erziehung des Kindes mittlerweile ja hauptsächlich bei den Eltern. Ist das in Schweden auch so oder sind dort weitere Verwandte beteiligt?


Hier liegen fast 70% der Erziehung bei den Erziehern. Es gibt Ganztagsschule mit Unterricht von 8:30-15.30 Uhr. Bei Bedarf kann das Kind bis zum 12. Lebensjahr in die Fritids (Hort) bleiben. Der Hort kann bereits vor Schulbeginn besucht werden. Man bekommt dort sogar Frühstück und man bleibt nach der Schule je nach dem Arbeitsschema der Eltern dort.

6) Wie wichtig ist Euch die Familie?


Uns ist Familie sehr wichtig, ein Großteil befindet sich ja weiterhin in Deutschland. Aber 3 meiner 6 Geschwister habe ich hier in Schweden quasi in der für schwedische Verhältnisse Nachbarschaft (30km/18km/70km).Meine Eltern haben hier ein Sommerhaus und sind all die Jahre 2-3 Monate im Sommer hier gewesen, das restliche Jahr mussten unsere Kinder leider ohne Omas und Opas auskommen.

Quelle: Imke privat

7) Jede Kultur hat ihre traditionellen Gerichte. Was essen Kinder in Schweden gerne?


Natürlich Köttbullar (Fleischbällchen) mit Potatismos (Kartoffelbrei) und Lingon (Preiselbeeren). Plättar das sind so kleine Eierkuchen und Spaghetti mit Köttfärssås (Hackfleisch). Pizza ist ganz beliebt und in den letzten Jahren Tacos.

8) Und sieht die Brotdose für die Schule genauso aus, wie bei den deutschen Kindern?


Im Prinzip schon, ist nur nicht immer nötig, denn hier gibt es ja das Schulessen. An langen Schultagen nimmt man sich in der Mittelstufe Klasse 4-6 (in Deutschland wären das Klasse 5-7) gerne etwas mit. Die Kinder in der Oberschule Klasse 7-9 (in Deutschland 8-10) betreiben hier einen eigenen Kiosk. Dort gibt es für wenig Geld belegte Brötchen oder frisch gebackenes… das ist natürlich viel cooler.

9) In Deutschland schlafen die Babys und Kinder früh in eigenen Betten und Kinderzimmern oder die Familien haben sogenannte Familienbetten. Wie schlafen die Babys und Kinder in Schweden? 

Jeder hält es hier wie er mag, meine Kinder hatten ein gemeinsames Kinderzimmer. Ich kannte es nicht anders, mit meinen vielen Geschwistern in einem Raum zu schlafen war immer schön. Wir hatten uns nachts immer viel zu erzählen.

10) Was ist in der Erziehung von schwedischen Kindern anders, als bei deutschen Kindern?


Hier scheint es mir oft so, dass es keinerlei Grenzen für Kinder gibt. Alle machen was sie wollen und wann sie es wollen. Die Eltern werden oft nicht gefragt. Die Sommermonate sind hier immer eine Art Ausnahmezustand. Wir haben viele Jahre auf schwedischen Campingplätzen zugebracht, von außen betrachtet war das Leben für die Kinder dort ein „lass tun, lass machen“. Laissez faire eben. 

Quelle: Imke privat

11) Wie wichtig ist der Glaube und gibt es besondere Festtage?

Der Glaube ist hier schon wichtig, die Kirche ist ein fester Bestandteil der Schulzeit, denn die Kirchenschiffe werden hier in den ländlichen Gegenden gerne als Aula genutzt.
Die Einschulung wird hier nicht so groß gefeiert wie in Deutschland dafür aber jedes Jahr der Schulabschluss, es muss ein besonderes weißes Kleid für die Töchter her, jedes Jahr eine neues (oft wird es auch nur einmal angezogen). Die Jungs haben schicke Hemden und Shorts an, in der 9. Klasse, zum Abschluss der Grundschule, dann sogar einen Anzug.

Ein Fest für die Kinder ist das Osterfest. Sie verkleiden sich hier als Osterhexen, malen kleine „Glad Påsk“ (Frohe Ostern) Bildchen. Diese werden an den Haustüren verschenkt.Man schmückt hier traditionell einzelne Büsche mit gelben oder bunten Federn statt mit Eiern. 

Besonders gefeiert wird hier natürlich Mittsommer. Das Fest ist immer an dem Freitag der dem 24. am nächsten liegt.

Ein weiteres Fest ist das Luciafest am 13. Dezember. Im Kindergarten wird sehr früh am Morgen gefeiert, verschlafene Kleinkinder verkleiden sich als Lucia oder stjärngosse (Sternenträger) auch pepparkaksgubben (Pfefferkuchenjungs) oder rote Wichtel sind sehr beliebt. Dann werden wunderschöne Lucia Lieder gesungen anschließend gibt ein fika (Kaffeetrinken) meist mit Lussekatter (Luciakatzen) für alle. 

12) Lebt ihr zu Hause mehr wie eine deutsche oder wie schwedische Familie?


Da mein Mann und ich Deutsche sind und wir kein einwandfreies akzentfreies schwedisch sprechen können, wird zuhause ausschließlich deutsch gesprochen es sei denn die Kinder haben mal Freunde mitgebracht oder die Nachbarn kommen zu Besuch.

Das Weihnachtsfest wird so gefeiert wie mein Mann und ich es aus unseren Kindertagen kennen. Also traditionell mit Kartoffelsalat und Würstchen und nicht dem in Schweden üblichen Julbord (Weihnachtsbuffet) wie man es auch aus den Michel Büchern der hier im übrigen Emil heißt kennt.

Das schwedische Julbord (Weihnachtsbuffet) besteht aus dem Julskinka (Weihnachtsschinken) als Kernstück, Vörtbröd (süßes Rosinenbrot) süßer Senf, Prinskorv (einer kleinen Wurst), div eingelegten Sill (Hering) Köttbullar Risgrynsgröt oder Risalamalta (Milchreis) mit Saftsoppa (wässrige Fruchtsoße), getrunken wird Julmust (schmeckt fast wie Malzbier) oder heißer Glögg (eine Art Glühwein) mit Mandeln und Rosinen um nur einiges zu nennen….

Imke & Tanja beim Treffen im Café

Vielen Dank liebe Imke für den Einblick in das Mamasein in Schweden. Und demnächst erzählt uns Imke auch noch etwas über ihre schöne Arbeit in der Blumenkinderwerkstatt

***

Wenn Ihr auch eine Mama in einem anderen Land oder an einem besonderen Wohnort seid und Lust habt, bei meiner Reihe mitzumachen, meldet Euch unter info(at)zuckersuesseaepfel.de. Ich freue mich darauf.

Und hier könnt Ihr alle bisherigen Interviews in meiner Reihe "Mamasein in ..." noch mal nachlesen: 



  1. Ich finde es schade, dass der Bericht einen sehr negativen Eindruck vermittelt, ein Bericht von einer Schwedin, allerdings repräsentiert sie in keinster Weise die Erfahrungen vieler anderer Schweden - das klingt alles sehr platt und klischeebehaftet - echt schade! Ich vermisse, dass die positive Seite bspw. der geringeren Unteresuchungen, der stärkere Hebammeneinbezug mal beleuchtet werden.... und dass die Erziehung einfach "laisser faire" verläuft, ist evtl. ein subjektiver Eindruck, entspricht aber nicht der Gesamtheit der Erziehung in Schweden - fraglich ist ja, wie die Schweden so eine gut funktionierende Wirtschaft ermöglichen können, wenn sie alle nicht erzogen sind und nichts lernen....
    bin wirklich sehr erschüttert über diesen sehr einseitigen Bericht!!!

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    1. Hallo liebe Nett, ich bin ein sehr großer Schwedenfan, liebe das Land, die Natur und die Menschen. Aber wenn es im Gesundheitssystem dort hackt und vieles aufgrund finanzieller Einschränkungen und Personalmangel schief läuft, was selbst die SchwedenInnen sehr stört, kann man dies doch offen schreiben. Es ist ein Interview mit einer Mutter, die seit 17 Jahre in Schweden lebt und es tagtäglich direkt mitbekommt. Und deren Mann dort Arzt ist! Warum muss es dann alles immer nur rosig sein? Sicherlich ist der stärkere Hebammenbezug etwas sehr schönes, wenn man sich seine Hebamme selbst aussuchen kann und diese immer die Gleiche ist. Das ist in Schweden aber nicht der Fall. Und die Hebammenarbeit dort kannst Du auch nicht unbedingt vergleichen mit unseren Hebammen. Auch der Erziehungsstil "laisser faire" wurde nicht als gesamter Erziehungsstil dargestellt, sondern als Realität für die Sommerzeit. Und so habe ich es auch erlebt als wir unser Ferienhaus direkt neben schwedischen Familien hatten. Die Kinder in Schweden sind im Alltag auch recht viel in der Fremdbetreuung und dort funktioniert es mit diesem Stil sicherlich nicht.

      Viele Grüße Tanja

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  2. Ich habe den Tenor des Berichts auch als negativ empfunden, ohne dass ich erwarte, dass alles rosig dargestellt werden müsste. Mir stellte sich die Frage, warum sie so viele Jahre in Schweden lebt, wenn es nichts gibt, was sie positiv hervorheben kann.

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    1. Komisch, so habe ich es überhaupt nicht wahrgenommen. Es ist doch alles in Ordnung, außer halt das Gesundheitssystem in der Schwangerenvor- und nachsorge. Und ihre Kinder hat sie in Deustschland bekommen. Google mal über das Schwanger sein in Schweden, da findet man vieles dazu. Und schau Dir mal das schöne Haus und die Gegend an, wo sie leben. Das ist Schweden und so ist es wunderschön. Liebe Grüße, Tanja

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