Vor kurzem bekamen wir ein ganz liebes Päckchen von Sharon
mit der Frage, ob wir eigentlich wüssten, wie wunderschön Weihnachten
im Erzgebirge gefeiert wird. Tatsächlich wussten wir es nicht! Und als
mir Sharon daraufhin einen Gastartikel für meinen Blog schrieb, wollte
ich am liebsten sofort hinfahren, um mir alles direkt anzuschauen. Daher habe ich heute
extra für Euch einen wunderschönen Einblick von ihr, wie
Weihnachten im Erzgebirge gefeiert wird.
Weihnachten im Erzgebirge
Sharon selbst kommt gar nicht aus dem Erzgebirge, sondern ist vor 12 1/2 Jahren vom linken Niederrhein, wegen ihres Mannes, hingezogen. Sie haben zusammen 3 Mädchen, Elisa, Johanna und Ida, die alle schon zur Schule gehen. Seit 11 Jahren ist Sharon nun Mutter. In NRW hat sie eine Ausbildung zur Kartographin gemacht. Nachdem die Kinder aus dem Gröbsten raus waren und die Kleine in den Kindergarten ging, hat sie sich neu orientiert und einen Fernlehrgang zur Ernähungsberaterin angefangen.
Mittlerweile ist Sharon geprüfte Ernährungsberaterin, hat auch den Aufbaukurs zu Säuglings-, Kinder- und Jugendernährung bestanden und im nächsten Jahr kommen noch vegane und vegetarische Kostformen dazu.
Quelle: Sharon privat |
Und nun erzählt sie uns etwas über das zauberhafte Weihnachten im Erzgebirge. Als ich den Text das erste Mal gelesen habe, wollte ich am liebsten sofort meine Koffer packen und Weihnachten im Erzgebirge erleben.
Vielen Dank dafür liebe Sharon.
Hallo ihr Lieben,
Mit dem Bergmanns-Gruß „Glück auf“ heiße ich euch willkommen und nehme euch mit zu einem kleinen Abstecher durch die Weihnachtszeit im Erzgebirge.
Was die Weihnachtszeit im Erzgebirge so besonders macht
Wenn sich nämlich „Uhiesige“ (Auswärtige) in der Adventszeit im Dunkeln mit ihrem Auto ins Erzgebirge verirren, wird ihnen vielleicht gleich etwas auffallen: Hier ist es in den Häusern viel heller als in anderen Gegenden Deutschlands!
Im Erzgebirge ist es an Weihnachten viel heller
Das liegt an den ganzen Schwibbögen, die schon in der Woche nach Totensonntag in die Fenster gestellt werden. Wurden die Schwibbögen früher eher aus Metall gefertigt, sind die meisten jetzt aber aus Holz und funktionieren mittlerweile auch mit Strom und nicht mehr mit Kerzenlicht. Ganz wichtig in unserer Region bei Neubau oder Renovierung eines Hauses sind deswegen die Steckdosen neben jedem Fenster!
Schwibbögen in den Fenstern
Aber kennt ihr eigentlich den ursprünglichen Grund dafür, warum die Leute die Schwibbögen in die Fenster stellen? Wie der Name „Erzgebirge“ schon sagt, ist das hier eine ehemalige Bergbau-Region. Die Form des Schwibbogens symbolisiert den Eingang eines Stollens und das Licht des Schwibbogens sollte den Bergleuten den Weg nach Hause weisen. Denn die Bergleute gingen ja morgens im Dunkeln in den ebenso dunklen Stollen und es war auch schon dunkel, wenn sie abends wieder herauskamen, sie haben wochenlang die Sonne nicht zu Gesicht bekommen.
Quelle: Sharon privat |
Der Schwarzenberger Schwibbogen
Neben vielen anderen Motiven ist der „Schwarzenberger Schwibbogen“ am bekanntesten. Er zeigt mit zwei Bergleute, einem Schnitzer und einer Klöpplerin die drei Haupterwerbsquellen von damals. Aufgrund des geringen Verdienstes haben viele Bergmanns-Familien zu Hause nach der Schicht noch Gegenstände oder Spielzeug aus Holz hergestellt, so entstand auch das eigentliche Handwerk der erzgebirgischen Volkskunst.
Die Männle aufwecken
Die Volkskunst gehört traditionell zur Weihnachtszeit dazu. Manche Leute nehmen sich sogar extra frei um die „Männle aufzuwecken“. Da wird erst einmal ordentlich geputzt, auch die Fenster, wo dann die Schwibbögen reingestellt werden. Anschließend werden die „Männle“ ausgepackt und ansprechend arrangiert. Oft wurden die Sachen von mehreren Generationen weitervererbt und haben auch schon einen entsprechenden Wert.
Quelle: Sharon privat |
Was sind denn Männle?
Mit "Männle" sind Weihnachtspyramiden, Holzfiguren und Reifentiere, Spanbäume und Ringelbäume, Weihnachtsberge, Deckenspinnen, Nussknacker, Räuchermännchen, Lichterengel und Bergmannsleuchter, Kurrenden, Weihnachtssterne, Lichterpuppen und vieles mehr gemeint, alles natürlich traditionell im Erzgebirge hergestellt.
Quelle: Sharon privat
Das Spielzeugdorf Seiffen
Wenn ihr euch selbst mal ein Bild von dem ganzen Ausmaß machen wollt, müsst ihr unbedingt das „Spielzeugdorf“ Seiffen besuchen.
Spielzeug aus Seiffen
Dort stellen ca. 140 Kunsthandwerksbetriebe erzgebirgische Volkskunst und Spielzeug her. Es gibt auch Schauwerkstätten, wo man bei der Herstellung zugucken kann. Einige von euch werden vielleicht die Seiffener Kirche kennen, sie gehört zu den bekannten Motiven der erzgebirgischen Volkskunst-
Quelle: Sharon privat |
Die meisten Sachen der Volkskunst wurden nicht ohne Grund hergestellt. So soll der Weihnachts- bzw. Adventsstern den Stern von Bethlehem darstellen, man sieht ihn an Kirchen, an und in Häusern. Lichterengel und Bergmann sind ein immer wieder auftauchendes Motiv.
Quelle: Sharon privat |
Die Bergmannsfigur, als Bergmannsleuchter, ist eine regionale Besonderheit. Selbst in Kirchen mancher Städte findet man sie, was eben an der engen Verbundenheit mit dem Bergbau liegt.
Quelle: diema auf pixabay |
Der Nussknacker aus dem Erzgebirge
Die Nussknacker sind meist machthaberische Personen, wie Soldat oder König, denen die Menschen früher ausgeliefert waren und die so auch mal leiden sollen, indem sie selbst harte Nüsse knacken.
Quelle: Sharon privat |
Räuchermännchen mit Weihrauch
Wenn es hier in den Wohnzimmern qualmt und nach Weihrauch riecht, muss das wohl ein Räuchermännchen sein. Eine Räucherkerze lässt denn je nach Art und Form meist aus dem Mund des „Raachermannel‘s“ steigen. Es gibt sogar ein passendes erzgebirgisches Weihnachtslied dazu, das hier jedes Kind kennt: „Wenn es Raachermannel nabelt un es sat kaa Wort drzu, un dr Raach steigt an dr Deck nauf, sei mr allezamm su fruh.“
Quelle: Sharon privat |
Die Kurrende
Die Kurrende ist hier in der Kirche der Chor für Kinder im Alter von 6-14 Jahren. Mit den Kurrenden wird es hier von Ort zu Ort unterschiedlich gehandhabt. Sie singen sonntags im Gottesdienst und zur Weihnachtszeit auch in Seniorenheimen oder bei Rentnern zu Hause. Klar, dass auch die Kurrende mit zu den Motiven der Volkskunst gehört.
Quelle: Sharon privat |
Die größten Schwibbögen und Pyramiden
In vielen Städten gehören große Schwibbögen zum Stadtbild dazu. Der größte freistehende Schwibbogen steht seit 2012 in Johanngeorgenstadt und seit 2014 steht dort auch die größte Freiland-Pyramide.
Hier im Erzgebirge haben die meisten Städte große Ortspyramiden, die dann zur Weihnachtszeit zum Leben erweckt werden. Mit dem traditionellen Pyramidenanschieben wird offiziell die Weihnachtszeit eingeläutet.
Quelle: Sharon privat |
Hier im Erzgebirge haben die meisten Städte große Ortspyramiden, die dann zur Weihnachtszeit zum Leben erweckt werden. Mit dem traditionellen Pyramidenanschieben wird offiziell die Weihnachtszeit eingeläutet.
Quelle: Pixabay |
Die Weihnachtsmärkte im Erzgebirge
Die Volkskunst kann man hier in vielen Geschäften, zur Adventszeit in den Baumärkten, aber auch auf den Weihnachtsmärkten kaufen. Die erzgebirgischen Weihnachtsmärkte sind sehr bekannt. Bei uns sind es die in Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg. Der Markt in Schwarzenberg führt durch die Gassen der Altstadt hindurch bis zu Schloss und Kirche. Höhepunkt der Märkte sind die Bergmannsaufzüge oder Bergparaden der Bergmänner in ihrer historischen Tracht.
Quelle: Sharon privat |
Quelle: Sharon privat |
Mettenschichten - die letzte Schicht vor der Christmette
Zur Tradition gehören auch die Mettenschichten, die in vielen Besucherbergwerken des Erzgebirges stattfinden. Als Mettenschicht wurde die letzte Schicht vor der „Christmette“ bezeichnet. Die Schicht wurde vorzeitig mit einem Klopfzeichen beendet, um sich anschließend noch zu einem einfachen, typischen Essen zusammenzufinden.
Quelle: diema auf pixabay |
Der leckere Stollen aus dem Erzgebirge
Auch den berühmten erzgebirgischen Stollen will ich nicht unerwähnt lassen. Früher bereiteten die Hausfrauen den Teig nach Familienrezept zu und ließen ihn dann vom Bäcker im Ort fertig backen. Jede Familie hatte eigene Schildchen aus Alublech, die sie in den Stollen steckten und die mit gebacken wurden, damit man sie später nicht verwechselt.
Quelle: kakuko auf pixabay |
Das typische Neunerlei, was es hier angeblich an Heiligabend gibt, habe ich hier noch nie gegessen. Wir essen bei meinen Schwiegereltern immer Gans, mit Rotkraut und Klößen, auch an Silvester.
Normalerweise gehen hier dann am 6. Januar die Lichter wieder aus und die Männle werden wieder schlafen gelegt. Allerdings wurde jetzt dazu aufgerufen, die Schwibbögen doch bis Mariä Lichtmess am 2. Februar stehenzulassen, für ein wenig mehr Licht in der dunklen Jahreszeit.
Hiermit wünsche ich euch eine schöne Weihnachtszeit.
Liebe Grüße von Sharon
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Hier findet Ihr einen tollen Gastbeitrag über Weihnachten in Norwegen
Und hier findet Ihr mein Rezept für einen Christstollen.
Liebe Sharon, liebe Tanja, lieben Dank für diesen tollen Beitrag. Ich komme aus dem schönen Erzgebirge, lebe jetzt in der Nähe von Lübeck und bin aber immer noch sehr Heimatverbunden. Einen Engel oder Bergmann bekommt man im Erzgebirge eigentlich zur Geburt geschenkt: ein Maadl = einen Engel und für den Gung einen Bergmann. Immer wenn ich im Winter Richtung Oberwiesenthal fahre, lacht mein Herz, die Schwibbögen leuchten den Weg. Arzgebirg wie bist du schie.....
AntwortenLöschenSchöne Weihnachtstage wünsche ich euch und ganz viele Grüße ins Arzgebirg.
Conny
Liebe Tanja und Sharon, vielen Dank für den informativen Beitrag.Wir mögen die Holzfiguren aus dem Erzgebirge sehr und kaufen jedes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt eine neues Figürchen für unseren Weihnachtsbaum.
AntwortenLöschenJedes Jahr freut sich die ganze Familie darauf,sie wieder auszupacken!
Viele Grüße,
Monika